Buchtipp – Ausgerechnet Kabul

Ausgerechnet Kabul von Ronja von Wurmb-Seibel – Sachbuch

Ronja von Wurmb-Seibel ist mit „Ausgerechnet Kabul“ ein sehr interessantes Buch gelungen, das einen spannenden und vielfältigen Blick auf das Leben in Afghanistan gewährt. Ihre Erfahrungen basieren auf einem einjährigen Aufenthalt am Hindukusch. Gerade weil sie als Freelancer-Journalistin gearbeitet hat und deshalb unabhängig war, wurde ihr Leben nicht von extremen Sicherheitsbestimmungen und Verboten diktiert. Sie konnte sich freier und unabhängiger in Kabul und in den übrigen Landesteilen bewegen und kam dabei sehr nahe an das Leben der einheimischen Bevölkerung heran. Gerade dieser so selten gewährte Einblick in das Leben der Afghanen, macht das Buch so interessant und spannend.

Das Buch ist keine Analyse und Bewertung über Berechtigung, Sinn, Erfolg oder Misserfolg des Afghanistan-Einsatzes, sondern vielmehr die Sammlung von sehr vielfältigen Erfahrungen und Erlebnissen in Afghanistan und im Kontakt mit den im Land arbeitenden Ausländern, vor allem aber der afghanischen Zivilbevölkerung. Im Mittelpunkt stehen bewegende Schicksale und Geschichten von Menschen, die eine bewundernswerte Kraft und Fähigkeit besitzen, diesen widrigen Umständen zu trotzen und an eine bessere Zukunft zu glauben – trotz der durchgängig gemachten Erfahrungen von Mangel, Leid und Tod. Das Buch gewährt einen Einblick in die abgeschottete Welt der westlichen Ausländer in Kabul in ihren Hoch Sicherheitszonen, mit all den Reglementierungen, Problemen und Beschränkungen sowie auch den Einsatz der deutschen Truppen im Norden des Landes. Im Kontrast dazu bewegen sich die Schilderungen über das Schicksal von Straßenkindern, die bereits in jungem Alter praktisch selbstständig für ihr Überleben sorgen müssen.

Die Schilderungen von Frau von Wurmb-Seibel leben von den vielen Kontrasten und Spannungsfeldern (Ausländer – Afghane, Soldat – Zivilist, Mann – Frau etc.) und bieten zudem einen unglaublich intensiven und vielfältigen Einblick in die Kultur, das Denken und das Leben der Menschen, aber auch der Soldaten und zivilen Helfer vor Ort.

Vor allem besticht das Buch durch Ehrlichkeit, Menschlichkeit, Mitgefühl und unvoreingenommene Neugier. Dadurch vermittelt es ein so anderes Bild von einem Land und seinen Menschen, das in den verkürzten Ticker-Meldungen der Nachrichtenagenturen praktisch nur im Bezug auf Gewalt und Terrorismus Erwähnung findet. Es lenkt den Blick auf die Menschen mit ihren Wünschen, Ängsten und Zweifeln, die sich nichts mehr herbeisehnen als Frieden, Sicherheit, eine sichergestellte Versorgung und ein normales Leben.

Ein beeindruckendes, ehrliches Buch einer jungen, sehr mutigen und intelligenten Journalistin!

Sehr lesenswert!

Gelesen und empfohlen von G. Kuen

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